Traum vom vorzeitigen Ruhestand – in Eigenregie realisierbar?

In den letzten Jahrzehnten wurde das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Deutschland immer weiter angehoben. Gingen unsere Großeltern zum Teil problemlos mit 63 Jahren in die Rente, liegt das Renteneintrittsalter heute bereits bei 67 Jahren. Manche Experten fordern sogar, dass man mindestens bis 70 Jahren arbeiten sollte, um die Rentenkassen wieder zu füllen.

Nicht wenige Bürger möchten sich allerdings nicht mit dem Gedanken abfinden, vielleicht nach Beginn der Rente nur noch wenige Jahre zu haben. Daher streben sie an, nicht erst mit 67 Jahren, sondern zum Teil bereits deutlich vorher in den Ruhestand einzutreten. Doch lässt sich dies in eigentlich in Eigenregie, also ohne staatliche Hilfe, überhaupt realisieren? Dieser Frage möchten wir in unserem Beitrag nachgehen.

Vorzeitig in den Ruhestand gehen: die Voraussetzungen

Falls Sie mit dem Gedanken spielen, in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen und dabei keine betrieblichen Vereinbarungen oder sonstigen Hilfen möglich sind, müssen Sie sich über eins im Klaren sein: Die finanzielle Differenz, die sich mindestens bis zur ersten Rentenzahlung ergibt, müssen Sie vollständig alleine abdecken. Die erste Rentenzahlung aus der gesetzlichen Rente erhalten Sie nämlich erst im Alter von 67 Jahren. Manchmal können Sie zwar vorzeitig in Ruhestand gehen, jedoch muss dann eine Einigung mit dem Arbeitgeber existieren oder Sie verzichten automatisch auf einen Teil der Rente, da dann mit einem Rentenabschlag zu rechnen ist.

Im Grunde geht es also darum, dass die im ersten Schritt bis zum Erreichen des Regeleintrittsalters und natürlich ebenfalls im zweiten Schritt danach genügend Kapital ansammeln, um den ersten Zeitraum zu überbrücken und innerhalb des zweiten Zeitraums durch eine private Altersvorsorge keine Einbußen beim Lebensstandard hinnehmen zu müssen. Die Frage ist also, welche Berechnung Sie im Detail anstellen müssen, um am Ergebnis ablesen zu können, ob es für Sie voraussichtlich realisierbar ist, vorzeitig in den Ruhestand eintreten zu können.

Welche Zahlen und Ergebnisse werden benötigt?

Manche Zahlen haben Sie bereits zur Hand, andere Ergebnisse müssen Sie zunächst ermittelt. Im Wesentlichen sind es insbesondere die folgenden Daten, Zahlen und Fakten, die Sie für die Gesamtberechnung benötigen:

  • Monatliches Budget ab vorzeitigem Renteneintritt
  • Zu erwartende gesetzliche Rente
  • Versorgungslücke
  • Wie lange soll die private Vorsorge reichen?
  • Viele Jahre habe ich Zeit zum ansparen?
  • Wie viel Kapital benötige ich, um den vorzeitigen Ruhestand bis zum Lebensende zu finanzieren?

Beginnen wir mit dem ersten Punkt, nämlich den Einnahmen aus der gesetzlichen Rente.

Gesetzliche Rente: Budget festlegen und Versorgungslücke ermitteln

Im ersten Schritt sollten Sie sich überlegen, mit wie viel Euro Sie ab dem Eintritt in Ihren vorzeitigen Ruhestand monatlich auskommen möchten und werden. Es handelt sich somit um Ihr monatliches Budget, welches bis an Ihr Lebensende als Kalkulationsgrundlage genommen wird. Für unsere spätere Rechnung nehmen wir im Beispiel an, dass Sie gerne Monat für Monat ab dem Eintritt in Ihren Vorruhestand 2.000 Euro zur Verfügung haben möchten.

Im zweiten Schritt ermitteln Sie nun die Versorgungslücke für den Zeitraum, ab dem eine gesetzliche Rente gezahlt wird. Vor der ersten Rentenzahlung beträgt Ihre Versorgungslücke natürlich exakt diese 2.000 Euro als Budget, da Sie zu dem Zeitpunkt noch keine sonstigen Einnahmen aus der Rentenkasse oder aus Betriebsrenten haben.

Die Versorgungslücke wiederum ermitteln Sie, indem Sie Ihre voraussichtliche, spätere gesetzliche Rente von Ihrem Budget subtrahieren. Wie hoch die Rente ausfallen wird, können Sie Ihrem Rentenbescheid (Renteninformation) entnehmen, der für gewöhnlich alle zwei Jahre versendet wird. Beachten Sie allerdings, dass die im Voraus kalkulierte Rente sich darauf bezieht, dass Sie bis zu Ihrem 67. Lebensjahr weiterhin die Rentenkasse einzahlen. Da dies natürlich nicht der Fall ist, falls Sie beispielsweise mit 60 in den Ruhestand gehen möchten, sind diesbezüglich Abzüge zu machen.

Für unsere Beispielrechnung gehen wir davon aus, dass Sie (nach Abzügen) eine spätere gesetzliche Rente in Höhe von 1.200 Euro erwarten können. Daraus ergibt sich die folgende Zwischenrechnung:

  • Monatliches Budget: 2.000 Euro
  • Gesetzliche Rente (ab 67): 1.200 Euro
  • Versorgungslücke ab Renteneintrittsalter: 800 Euro

Welches Kapital benötige ich insgesamt?

Für die Ermittlung des notwendigen Kapitals müssen wir nun zwei einzelne Berechnungen durchführen. Zum einen müssen Sie die Summe ermitteln, die Sie ab dem Zeitpunkt Ihres vorzeitigen Renteneintritts bis zur ersten Zahlung der gesetzlichen Rente, also bis zu Ihrem 67. Lebensjahr, benötigen. Darüber hinaus müssen Sie natürlich auch nach Zahlung der gesetzlichen Rente den Fehlbetrag abdecken und benötigen für diesen Zeitraum ebenfalls Kapital.

Die Berechnung ist deshalb etwas schwer, weil Sie naturgemäß nicht wissen, wie alt Sie werden. Sie müssen allerdings kalkulieren, für welchen Zeitraum Ihre private Vorsorge insgesamt reichen muss. Die gesetzliche Rente wird zwar bis an Ihr Lebensende gezahlt, nicht jedoch eine private Altersvorsorge bzw. das Kapital, welches Sie zuvor angesammelt haben. In unserem Beispiel nehmen wir an, dass Sie so kalkulieren, dass das Kapital bis zu Ihrem 80. Lebensjahr reichen muss, also noch 13 Jahre nach Beginn des regulären Renteneintritts.

Ferner brauchen wir jetzt noch eine Zahl, nämlich mit welchem Alter Sie eigentlich in den vorzeitigen Ruhestand eintreten möchten. Daher nehmen wir an, dass Sie gerne mit 60 Jahren das Arbeitsleben beenden möchten. Daraus ergibt sich dann die folgende Rechnung:

Kapitalsumme bis 67 Jahre: 168.000 Euro

Kapitalsumme von 67 bis 80 Jahre: 124.800 Euro

Gesamtkapitalbedarf: 292.800 Euro

Falls Sie tatsächlich mit 60 Jahren das Arbeitsleben beenden und somit vorzeitig in die Rente eintreten möchten, benötigen Sie bis zu Ihrem Lebensende insgesamt rund 300.000 Euro an Kapital, um davon später unter Einbezug der gesetzlichen Rente und eventueller Betriebsrenten Ihr monatliches Budget von gewünschten 2.000 Euro realisieren zu können.

Die passende Sparrate für Ihren Lebensstil berechnen

Die meisten Daten und Zahlen kennen Sie nun, um in der Endabrechnung zu ermitteln, was die passende Sparrate für Ihr Ziel wäre. Dazu benötigen Sie nur noch zwei Angaben, nämlich zum einen die mögliche Anspardauer und zum anderen die durchschnittliche Jahresrendite, die Sie von dem gewählten Produkt zum Vermögensaufbau erwarten können. Hier gibt es übrigens wesentliche Unterschiede zwischen den folgenden Sparformen, die relativ häufig zum regelmäßigen Sparen und Vermögensaufbau genutzt werden:

  • Banksparplan
  • Fondssparplan
  • ETF-Sparplan
  • Edelmetallsparplan
  • Private Rentenversicherung
  • Kapitallebensversicherung
  • Aktiensparplan

Besonders empfehlenswert sind Aktien-, Fonds- und Edelmetallsparpläne, da diese eine deutlich höhere Durchschnittsrendite haben, als beispielsweise der Banksparplan, ein Bausparvertrag oder die private Rentenversicherung nebst Kapitallebensversicherung. Für unser Beispiel kalkulieren wir trotzdem eher konservativ mit einer Jahresrendite von durchschnittlich 4,5 Prozent. Ferner gehen wir davon aus, dass Sie aktuell 35 Jahre alt sind. Sie haben also noch exakt 25 Jahre Zeit, um das benötigte Kapital anzusparen, nämlich bis Sie 60 Jahre alt sind. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich nun auf Grundlage der genannten Zahlen und Daten die folgende Gesamtrechnung:

Die monatliche Rate ist demnach exakt der Betrag, den Sie unter Einbezug der genannten Faktoren ab jetzt jeden Monat einzahlen müssen, um Ihren Wunsch vom vorzeitigen Ruhestand mit 60 Jahren realisieren zu können. Ob diese Rate nun tragbar ist oder nicht, ist selbstverständlich eine individuelle Entscheidung. Für manchen Bürger wird der Betrag von über 500 Euro utopisch hoch klingen, andere könnten sich die Summe durchaus problemlos leisten. Immerhin haben Sie noch mehrere Möglichkeiten, bei einer zu hohen ermittelten Sparrate Änderungen vorzunehmen. So könnten Sie beispielsweise Ihr späteres Budget etwas reduzieren oder statt 60 vielleicht erst mit 63 Jahren den vorzeitigen Ruhestand antreten.

Benötigtes Kapital: 292.800 Euro

Anspardauer: 25 Jahre

Jährliche Rendite: 4,5 %

Monatliche Sparrate: 534,48 Euro